Yggi

Yggdrasill - unser kleiner Mauersegler

Am 18. Juni 2012 sah ich auf dem Heimweg vom Besuch einer Freundin auf einem Kellergitter einen kleinen Vogel liegen. Mit ausgebreiteten Flügeln, jeden Augenblick durch den Rost fallen könnend... ein nahendes Gewitter ließ schon die ersten Regentropfen fallen und donnerte drohend, wie konnte ich da den kleinen Kerl liegen lassen? Schnell die Strickjacke in den Fahrradlenkerkorb und den Tschilp eingesammelt und weich gebettet. Meine Kleine kam mir dann schon die Treppe runter entgegen und übernahm den Pieper begeistert, während ich das Rad wegstellte. So erstmal schauen, wo wir den Vogel unterbringen können und auf dem Balkon den Klammerkorb ;) ausgekippt, ein Wischtuch als Matratze und zum Ausruhen den armen Kerl da rein.

Was haben wir uns da überhaupt eingefangen?
Erst dachte ich, es ist eine kleine Meise, doch dann googelte ich mal nach Mauersegler und ja... das schien zu stimmen. Schnell fand ich auch einen Link zur Aufzucht, na lecker: Maden, Fliegen, Bienen u.s.w. ganz prima! Das Gewitter war vorbei und die Sonne wollte bald untergehen, also bin ich noch schnell ums Haus. Die Ausbeute, ein paar kleine Motten und kleine Grashüpfer, Grashüpfer hab ich das letzte Mal als Kind gefangen ;) Eine Fütteranleitung fand sich auch im Internet, Schnabel aufhalten und mit einer abgerundeten Pinzette das Futter bis fast in den Magen. Okay, nicht so einfach, denn Yggi machte den Schnabel nicht freiwillig auf und behielt ihn auch nicht auf, also mit den Fingernagel ganz vorsichtig öffnen, aufhalten und dann schnell das Futter mit der Pinzette reinschieben. Gleichzeitiges Aufhalten und nichts aus der Pinzette fallen lassen war schwierig, schnell rutschte mir etwas aus der Pinzette oder Yggi hatte sich aus dem Griff gewunden. Aber die erste Fütterung war irgendwann überstanden und Yggi durfte schlafengehen.

Nachdem ich noch einmal genau nachgelesen habe, was kleine Mauersegler so fressen dürfen, bin ich am nächsten Morgen in die Tierhandlung gefahren. Heim kam ich dann mit Grillen, Grashüpfern und Fliegenmaden bewaffnet. Ganz was Feines :D

Warum hat man keine einzige Fliege in der Wohnung, wenn man sie mal braucht? Die nächsten Tage wurde alles, was irgendwie fliegen kann, eingefangen, sogar 2 Hummeln und einige Motten mußten dran glauben. Kurz eingefrostet und dann mund-, ähm schnabelgerecht zubereitet, das bedeutete den Grillen und Hüpfern die Sprungbeine abzuschneiden, denn die haben Wiederhaken... den Motten die Flügel rauben, also nichts für jedermann, aber ich liebe nunmal Pieper und der kleine Yggi sollte unbedingt eine Chance bekommen. Ich hatte nämlich nachgelesen, das Mauersegler ihre Brut versorgen, diese aber nach dem Ausfliegen nicht mehr füttern, sie sind ab dem Nest- verlassen eigenständig. Ohne uns hätte der kleine Yggi also keine Chance gehabt!

Je nach Aufnahmemenge bei den einzelnen Fütterungen habe ich also alle 2- 4h gefüttert, bis auf die Nacht (22:ooUhr bis ca. o8:30Uhr).

-2- 4 Fliegenmaden
-3 verpuppte Fliegenmaden
-3 Grashüfer/ Grillen
-Motten, Fliegen, Hummeln, ne Schnake, was sich halt so fangen ließ
-gelegentlich mal 1- 2 aufgeweichte Beo- Perlen (nicht jede Fütterung)

Die empfohlenen Drohnen konnte ich leider nicht füttern, denn nicht eine einzige Biene war zu finden, trotz Gartenbesuch bei einer Freundin.

So falsch konnte die Nahrung aber nicht sein, denn Yggi wurde zusehends munterer und mit den Tagen auch immer sicherer in seinen Bewegungen. Am Anfang war er ja zu schwach, sich selber zu halten und nach einiger Zeit konnte er dann sicher auf dem Finger sitzen. Seine zunehmende Kraft machte jedoch auch die Fütterungen immer schwieriger, er wand sich ständig aus dem Griff und damit ich weniger kämpfen mußte, wickelte ich ihn dann zum Fresse in ein Tuch ein. So klappe alles etwas besser. Na ja... was das Herauswinden betraf jedenfalls, denn schob man das Futter nicht weit genug hinein, wurde es umgehend wieder herausgebracht. Sehr lecker, wenn man dann 3x so ne Made, die ja zappelt greifen muss.

Wenn man sich die Flügel von unten ansah, waren die Schwungfedern noch nicht ganz ausgewachsen, die Federkiele waren noch zu sehen, genauso wie Yggi im Nacken noch etwas stachelig ausschaute. Das Internet sagte, ein Mauersegler darf keine Federkiele mehr haben beim ersten Ausflug, das bedeutete also auch, Yggi mußte viel zu zeitig aus dem Nest ... wohl herausgefallen sein.

Aber man konnte den Schwungfedern fast beim Wachsen zusehen und nach der Fütterung machten wir dann immer Laufübungen... ... wobei man sagen muß, Mauersegler haben nicht wirklich Lauffüße, die Krallen sind zum Festhängen, Klettern gedacht, alle Krallen (4) sind nach vorne gerichtet und die Beinchen sind relativ kurz. Yggi krabbelte dann das Wischtuch, auf dem ich Fütterte entlang und belohnte mich gerne mit einem Kackchen auf der Hand, liebenswürdigerweise auch mal aufs Tuch. Nicht lecker aber eine Kontrolle, das alles in Ordnung ist, wenn es ein "ordentliches Kackchen" war.

Yggi fängt an Sport zu machen. Das bedeutet er sitzt und läßt die Flügel hängen:

Also Flügel hängen lassen, sich mit den Flügeln auf dem Boden/ Hand abstützen und dann Muskelzittern, der ganze kleine Kerl vibriert in der Hand. Dies war sein Trainigsprogramm, um die Flugmuskeln aufzubauen. Und später dann, wie wenn man einen Hamster von Hand zu Hand laufen lässt, kletterte Yggi flatternd von Hand zu Hand, sich ordentlich an der Haut festhaltend und man mußte richtig schnell sein, das ja die 2. Hand wieder vor Yggi war. Yggi wurde recht munter und mobil, es war deutlich zu merken, der große Tag, der Tag des Abschieds kam näher.

Am 25.06.2012 flog Yggi zum ersten Mal ein Stückchen. Leider wollte das Wetter noch nicht, das wir einen Startversuch wagen konnten und so mußte der kleine Kerl noch 2 Tage warten, bis endlich die Sonne schien und es nicht Dauerregnete. Ich habe gelesen, das vor dem Ausfliegen Mauersegler weniger bzw. gar nicht mehr fressen, aber da wir mit dem Freilassen warten mußten, gab es 2 Tage Fütterungen, die wirklich schwer waren, Yggi drehte ständig den Kopf weg, es blieb mir aber nichts anderes übrig, es mußte gefüttert werden, denn ein Sonnenstrahl war nicht zu sehen und im Regen hatte ich einfach zu sehr Angst, das Ausfliegen würde schief gehen.

Aber wie schon geschrieben, 2 Tage später, am 27.06. 2012 war es dann endlich so weit. Wir sind hoch in den 6 Stock... draußen vor den Flurfenstern zog kreischend ein Mauerseglerschwarm seine Kreise... und umringt von Zuschauern streckte ich die Hand aus auf der Yggi saß (im Zimmer ist er ja schon etwas herumgeflogen, aber mulmig war mir doch ganz schön). Yggi kletterte die Finger ganz nach vorne... und dann... Absprung uuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuund erst einmal steil nach unten..... Hilfeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeee, mir rutschte das Herz in die Knie... aber dann schoß Yggi steil nach oben... mitten hinein in den Schwarm von Mauerseglern und flog mit. Welcher der viele Yggi war, konnten wir nicht mehr ausmachen.


*sfz, erleichtert, das Alles geklappt hat, doch ein mütterliches, hoffentlich geht die erste Landung gut u.s.w., aber das lag nicht mehr in unserer Hand.
Yggi hat seine Chance bekommen!
Wehmütig aber auch stolz, das geschafft zu haben gingen wir nach Hause.

Und wenn jetzt vor oder hinter dem Haus die kleinen "Yggi´s" kreisen, glaub ich ganz fest das unser kleiner Kerl glücklich mit herumflattert.